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30.4.2001 RoL

Pink-Apple-News:

TB 30.4.01

St.Galler Tagblatt vom Montag, 30. April 2001

Oscars homosexuelle kleine Schwester

«Pink Apple»:Viertes schwullesbisches Filmfestival in Frauenfeld eröffnet

Einen prominenten Eröffnungsredner durfte «Pink Apple 2001» begrüssen: David Streiff, den Direktor des Bundesamtes für Kultur. Christliche Gruppierungen formulierten vor der Stadtkaserne ihre Sicht von Homo- sexualität.

martin preisser

«Ich bewundere Ihren Mut, das schwullesbische Filmfestival 'Pink Apple' in einer Kleinstadt zu eröffnen anstatt im anonymeren Zürich», brachte es David Streiff, oberster Kulturchef des Bundes, auf den Punkt. Daniel Bruttin, Stellenleiter der Aidshilfe Schaffhausen und Thurgau, sieht hierin eine Chance, auch auf die Anliegen der Lesben, Schwulen, Bisexueller und Transsexueller gerade auf dem Land aufmerksam zu machen.
David Streiff hat als jahrelanger Direktor des Filmfestivals von Locarno eine besondere Beziehung zum Film und sah seine Einladung zum schwullesbischen Filmfestival auch als Zeichen. Sein Bundesamt für Kultur sei auch ein Amt für Minderheiten, sagte Streiff, der sich erfreut zeigte, dass ein Coming-out heute das Wahrnehmen hoher politscher Ämter kaum mehr behindere. Er nannte als Beispiel den Bürgermeister von Paris und spielte auch auf seine eigene Karriere an. Coming- out brauche Kraft und Mut. Der heutigen Generation wünschte der Bundesamtschef ein «sanftes Coming-out». Mit monothematischen Filmfestivals wie «Pink Apple» habe er eher Mühe, ja er sehe eine gewisse Gefahr der Gettoisierung. Offensichtlich habe die schwullesbische Filmszene diese Monothematisierung im Moment noch nötig. Ein Filmfestival wie dieses sei aber auch ein Mittel des Kampfes für Akzeptanz, sagte Streiff und hoffte, dass die besten Filme dieses Genres ins Kino, das heisst ins allgemeine Bewusstsein, kämen. Das diesjährige «Pink Apple»-Festival bietet unter anderem zwei preisgekrönte Filme und eine Uraufführung. Die prämierten Filme erhielten den Kurzfilm- bzw. den Spielfilm-Teddy an der Berlinale. Daniel Bruttin nannte den Teddy «die homosexuelle kleine Schwester des Oscars». Die «Akte Pierce» als Uraufführung ist ein Dokumentarfilm über einen Sexworker. Auf den rosa Styroporunterlagen in Kondomform sass es sich bequem in der Stadtkaserne und die kleinen Apéro-Häppchen, gestiftet von der Aidshilfe Thurgau, sollten «Lust auf mehr» machen. Schutzengel verteilten Kondome, und vor Beginn des Festivals taten auch die Homosexuellen-Gegner, der «Neue Rütlibund» und christliche Gruppen ihre Meinung kund. Wurden in Frauenfeld zuvor von unbekannter Hand die Festivalplakate mit Bibelzitaten überschmiert, warnten auch Tafeln der «Christen für Wahrheit» und Flugblätter der «Christlichen Mitte» vor dem Tun der Schwulen und Lesben. «Wohnt ein Mann seinesgleichen wie einem Weibe bei, so haben beide Abscheuliches getan. Sie sollen des Todes sterben», prangte es alttestamentarisch drohend auf dem Bahnhofsplatz.

© St. Galler Tagblatt AG